Auch dieses Jahr sind wir am 8. März wieder in Heidelberg auf der Straße gewesen, um gegen das Patriarchat zu kämpfen.

Unter dem Motto Nicht unser Krieg – Unsere Solidarität gegen eure Waffen wurde in diesem Jahr insbesondere die Situation von Frauen, Mädchen und anderen marginalisierten Gruppen in Kriegsgebieten und auf der Flucht thematisiert.

Hier findet ihr einige Eindrücke sowie unsere Rede.

Nicht unser Krieg – Unsere Solidarität gegen eure Waffen!

Wir möchten den diesjährigen Frauenkampftag nutzen, um über Krieg zu sprechen – und zwar darüber, was Krieg für uns Frauen bedeutet.

Selten war die Stimmung in Deutschland so kriegsfreudig und geschichtsvergessen wie momentan. Über die unbedingte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine wird in den Medien diskutiert, als handle es sich dabei um ein Strategiespiel – als hätte der Krieg nicht bereits den Tod zehntausender bis hunderttausender Menschen, SoldatInnen wie ZivilistInnen, gefordert. 100 Milliarden Euro sollen in das deutsche Militär investiert werden, denn Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine bietet einen passenden Vorwand für die Erhöhung der deutschen Kriegsbereitschaft. (In welchen Krieg will die deutsche Regierung damit ziehen?) Sogar die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist mittlerweile Stoff für offene Debatten. Dabei gerät die Realität des Krieges völlig in Vergessenheit. Nicht nur die Realität des Krieges in der Ukraine, der mit jedem Tag, den er länger andauert, schmerzliche Opfer fordert – sondern auch die Bedeutung von Aufrüstung und der zunehmenden Kriegsbereitschaft des deutschen Staates.

Als Feministinnen müssen wir uns mit Krieg und Frieden auseinandersetzen – und damit, welche überwunden geglaubten Formen des Patriarchats dabei hervortreten.

Auch wenn eine Kriegssituation für alle Menschen gleichermaßen lebensgefährlich ist, so sind wir Frauen den Gefahren des Krieges in besonderem Maße ausgesetzt. Eine Kriegssituation bedeutet für die überlebenden Frauen, der permanenten Gefahr der sexuellen Gewalt durch Männer ausgesetzt zu sein. Sexuelle Gewalt fungiert als Kriegswaffe und wird dabei gezielt gegen uns eingesetzt. Die im Krieg kultivierte männliche Verrohung und Gefühllosigkeit schlägt sich im absoluten Zivilisationsbruch nieder, der einen Bestandteil jedes Krieges bildet und den ukrainische Frauen im aktuellen Krieg erleiden.

Auf der Flucht lauern Frauenhändler und Zuhälter darauf, die verletzliche Situation der fliehenden und geflüchteten Frauen ausnutzen zu können, um sie in die Prostitution zu drängen. In Deutschland antizipierten Freier in Freierforen besonders perfide, dass mit dem Strom von geflüchteten Frauen aus der Ukraine nun „neue Ware“ in deutsche Bordelle käme.

Ein tief verankerter Frauenhass und brutalste Urformen des Patriarchats treten in Kriegs- und Krisensituationen hervor. Um diese Probleme an der Wurzel zu packen, braucht es nichts Geringeres als die Abschaffung des Patriarchats; doch solange wir unter der Männerherrschaft leben, fordern wir eine Aufarbeitung und Offenlegung dieser Fälle und die Finanzierung breiter Hilfsangebote für gewaltbetroffene Frauen, insbesondere für Geflüchtete. Zusätzlich kämpfen wir Frauen für eine Vermeidung des patriarchalen Zivilisationsbruchs durch Krieg!

Im aktuellen politischen Klima geht die Stimmungsmache in patriarchaler Tradition allerdings nur in Richtung der Kriegsführung, Aufrüstung, der Abstumpfung und der Begeisterung von Waffengewalt. Heldenmythen von Ruhm und Ehre, von einem Kampf bis zum letzten Soldaten, machen sich breit und werden sogar von Teilen der selbsternannten Linken propagiert. Das Bild des heroischen Mannes und des alternativlosen Krieges, das dabei im Mittelpunkt steht, ist eine Urform des patriarchalen Selbstbildes.

Die Verteidigung der ukrainischen Bevölkerung und ihrer Interessen gegen den russischen Angriffskrieg muss aber nicht in deutscher Kriegsverharmlosung und der bedingungslosen Forderung nach schweren Waffenlieferungen, die den Krieg verlängern, münden. Jeden Tag fordert der Krieg neue Opfer – wir fordern, dass der deutsche Staat eine sofortige Aufnahme von diplomatischen Verhandlungen unterstützt, anstelle auf Profite für die heimische Rüstungsindustrie zu pokern!

Weiterhin fordern wir, dass die Aufrüstung des deutschen Militärs gestoppt wird. Anstelle Frauenhäuser, Beratungsangebote für Betroffene männlicher Gewalt und Nothilfen, insbesondere für Geflüchtete, zu finanzieren, steckt der deutsche Staat 100 Milliarden in die Rüstung! Nie wieder kann uns erzählt werden, dass das Geld fehle, um das Palermo-Protokoll oder die Istanbul-Konvention umzusetzen: Sobald es sich unter Vorwänden rechtfertigen lässt, werden Unsummen hervorgezaubert, um sie in die Rüstungsindustrie und Bundeswehr zu investieren. Wir fordern eine zügige Reevaluierung der Prioritäten, die die deutsche Regierung hier setzt, und die Investition der 100 Milliarden in die soziale Absicherung der Bevölkerung und in das Vorantreiben der Geschlechtergerechtigkeit statt in die Bundeswehr!

Wir fordern Empathie für die Opfer der Kriege.

Wir fordern eine Abkehr von patriarchaler Kriegslogik und eine offene Debatte, die Verhandlungen als Perspektive sieht.

Wir fordern die Ausfinanzierung von Hilfsangeboten für gewaltbetroffene Frauen und wir fordern, nicht als Kollateralschaden von patriarchalen Kriegen begriffen zu werden.

Wir fordern ein Erkennen des Ernstes der Lage.

Und nicht zuletzt fordern wir die Abschaffung des Patriarchats!