Kategorie: Feminismus (Seite 1 von 3)

Vortrag: Männlichkeit in Bewegung

Ein Vortrag organisiert und finanziert von der Fachschaft Soziologie Heidelberg.

Männlichkeit in Bewegung. Rechter Terror und seine Misogynie
Wenn es um öffentliche Deutungen von aktuellen Attentaten geht, fällt eine massive Leerstelle auf: Die Benennung des Geschlechts der Täter und eine Debatte darüber, was es mit der größer werdenden autoritären Bewegung zu tun hat. Dabei wird beim Hinschauen schnell klar, dass es sich bei nahezu allen Tätern um Männer handelt und dass die Bewegung, aus der sie hervorgehen, eindeutig männerdominiert ist. Anders formuliert, ist das Geschlecht des rechten Terrors männlich und auch insgesamt ist die rechte, verschwörungsideologische Bewegung männlich dominiert. Da es sich dabei nicht um einen Zufall handelt, gilt es sich mit den bewussten und unbewussten Anteilen aktueller, neopatriarchaler Diskurse auseinanderzusetzen und diese auf die Hervorbringung eines Ideals soldatischer Männlichkeit hin zu untersuchen, an dem sich auch Frauen orientieren können. Die zu großen Teilen unbewusste Selbstverständlichkeit einer Höherwertigkeit von weißer Männlichkeit wird innerhalb eines identitären Kampfes gegen Gleichberechtigung und Anerkennung von Differenz geführt. Im Vortrag wird es um eine Analyse der misogynen, trans- und homophoben Ideologien der Rechtsautoritären gehen. Analog wie digital wird durch sie ein traditionelles Familienarrangement propagiert, dass in der westlichen Welt längst durch neopatriarchale Widersprüche dialektischen Auflösungstendenzen unterworfen ist. Insofern ist die neurechte Vorstellung der Vater-Mutter-Kind-Triade ebenso ein antimoderner Reflex und deutet auf eine Sehnsucht nach autoritär-faschistischen Strukturen hin. Ziel des Vortrags ist die theoretische Verbindung zwischen neopatriarchaler Subjektivierung und dem Erstarken der rechten Autoritären in der westlichen Welt.

Rückblick Frauen*kampftag 2023

Auch dieses Jahr sind wir am 8. März wieder in Heidelberg auf der Straße gewesen, um gegen das Patriarchat zu kämpfen.

Unter dem Motto Nicht unser Krieg – Unsere Solidarität gegen eure Waffen wurde in diesem Jahr insbesondere die Situation von Frauen, Mädchen und anderen marginalisierten Gruppen in Kriegsgebieten und auf der Flucht thematisiert.

Hier findet ihr einige Eindrücke sowie unsere Rede.

Nicht unser Krieg – Unsere Solidarität gegen eure Waffen!

Wir möchten den diesjährigen Frauenkampftag nutzen, um über Krieg zu sprechen – und zwar darüber, was Krieg für uns Frauen bedeutet.

Selten war die Stimmung in Deutschland so kriegsfreudig und geschichtsvergessen wie momentan. Über die unbedingte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine wird in den Medien diskutiert, als handle es sich dabei um ein Strategiespiel – als hätte der Krieg nicht bereits den Tod zehntausender bis hunderttausender Menschen, SoldatInnen wie ZivilistInnen, gefordert. 100 Milliarden Euro sollen in das deutsche Militär investiert werden, denn Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine bietet einen passenden Vorwand für die Erhöhung der deutschen Kriegsbereitschaft. (In welchen Krieg will die deutsche Regierung damit ziehen?) Sogar die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist mittlerweile Stoff für offene Debatten. Dabei gerät die Realität des Krieges völlig in Vergessenheit. Nicht nur die Realität des Krieges in der Ukraine, der mit jedem Tag, den er länger andauert, schmerzliche Opfer fordert – sondern auch die Bedeutung von Aufrüstung und der zunehmenden Kriegsbereitschaft des deutschen Staates.

Als Feministinnen müssen wir uns mit Krieg und Frieden auseinandersetzen – und damit, welche überwunden geglaubten Formen des Patriarchats dabei hervortreten.

Auch wenn eine Kriegssituation für alle Menschen gleichermaßen lebensgefährlich ist, so sind wir Frauen den Gefahren des Krieges in besonderem Maße ausgesetzt. Eine Kriegssituation bedeutet für die überlebenden Frauen, der permanenten Gefahr der sexuellen Gewalt durch Männer ausgesetzt zu sein. Sexuelle Gewalt fungiert als Kriegswaffe und wird dabei gezielt gegen uns eingesetzt. Die im Krieg kultivierte männliche Verrohung und Gefühllosigkeit schlägt sich im absoluten Zivilisationsbruch nieder, der einen Bestandteil jedes Krieges bildet und den ukrainische Frauen im aktuellen Krieg erleiden.

Auf der Flucht lauern Frauenhändler und Zuhälter darauf, die verletzliche Situation der fliehenden und geflüchteten Frauen ausnutzen zu können, um sie in die Prostitution zu drängen. In Deutschland antizipierten Freier in Freierforen besonders perfide, dass mit dem Strom von geflüchteten Frauen aus der Ukraine nun „neue Ware“ in deutsche Bordelle käme.

Ein tief verankerter Frauenhass und brutalste Urformen des Patriarchats treten in Kriegs- und Krisensituationen hervor. Um diese Probleme an der Wurzel zu packen, braucht es nichts Geringeres als die Abschaffung des Patriarchats; doch solange wir unter der Männerherrschaft leben, fordern wir eine Aufarbeitung und Offenlegung dieser Fälle und die Finanzierung breiter Hilfsangebote für gewaltbetroffene Frauen, insbesondere für Geflüchtete. Zusätzlich kämpfen wir Frauen für eine Vermeidung des patriarchalen Zivilisationsbruchs durch Krieg!

Im aktuellen politischen Klima geht die Stimmungsmache in patriarchaler Tradition allerdings nur in Richtung der Kriegsführung, Aufrüstung, der Abstumpfung und der Begeisterung von Waffengewalt. Heldenmythen von Ruhm und Ehre, von einem Kampf bis zum letzten Soldaten, machen sich breit und werden sogar von Teilen der selbsternannten Linken propagiert. Das Bild des heroischen Mannes und des alternativlosen Krieges, das dabei im Mittelpunkt steht, ist eine Urform des patriarchalen Selbstbildes.

Die Verteidigung der ukrainischen Bevölkerung und ihrer Interessen gegen den russischen Angriffskrieg muss aber nicht in deutscher Kriegsverharmlosung und der bedingungslosen Forderung nach schweren Waffenlieferungen, die den Krieg verlängern, münden. Jeden Tag fordert der Krieg neue Opfer – wir fordern, dass der deutsche Staat eine sofortige Aufnahme von diplomatischen Verhandlungen unterstützt, anstelle auf Profite für die heimische Rüstungsindustrie zu pokern!

Weiterhin fordern wir, dass die Aufrüstung des deutschen Militärs gestoppt wird. Anstelle Frauenhäuser, Beratungsangebote für Betroffene männlicher Gewalt und Nothilfen, insbesondere für Geflüchtete, zu finanzieren, steckt der deutsche Staat 100 Milliarden in die Rüstung! Nie wieder kann uns erzählt werden, dass das Geld fehle, um das Palermo-Protokoll oder die Istanbul-Konvention umzusetzen: Sobald es sich unter Vorwänden rechtfertigen lässt, werden Unsummen hervorgezaubert, um sie in die Rüstungsindustrie und Bundeswehr zu investieren. Wir fordern eine zügige Reevaluierung der Prioritäten, die die deutsche Regierung hier setzt, und die Investition der 100 Milliarden in die soziale Absicherung der Bevölkerung und in das Vorantreiben der Geschlechtergerechtigkeit statt in die Bundeswehr!

Wir fordern Empathie für die Opfer der Kriege.

Wir fordern eine Abkehr von patriarchaler Kriegslogik und eine offene Debatte, die Verhandlungen als Perspektive sieht.

Wir fordern die Ausfinanzierung von Hilfsangeboten für gewaltbetroffene Frauen und wir fordern, nicht als Kollateralschaden von patriarchalen Kriegen begriffen zu werden.

Wir fordern ein Erkennen des Ernstes der Lage.

Und nicht zuletzt fordern wir die Abschaffung des Patriarchats!

Tag gegen Gewalt an Frauen

Am diesjährigen Tag gegen Gewalt an Frauen gehen wir wieder auf die Straße! Diesmal laden wir herzlich zu einer anschließenden Frauenkneipe in der Altstadt ein.

Ob Corona oder Preissteigerungen – Krisenzeiten sind gefährlich für Frauen. Finanzielle Not und Isolation machen es schwer, Beziehungen zu beenden, und lassen den eigenen Freund oder Ehemann oft zum schlimmsten Alptraum werden. In den vergangenen zwei Jahren ist die Anzahl der Fälle von männlicher Gewalt gegen Frauen massiv angestiegen, so das BMFSFJ, und ein Ende scheint angesichts der fortlaufenden Krisen nicht in Sicht: Vielen Männern ist es anscheinend nicht zuzutrauen, ihren Unmut über den Zustand der Welt anders zu verarbeiten, als ihn in Frauenhass und in Gewalt gegen uns zu kanalisieren.

Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter, nicht nur das des missbräuchlichen Partners. Sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum, die bis zur Vergewaltigung eskalieren kann, zeigt uns die schmerzliche Realität auf, dass wir uns weder im Privaten noch in der Öffentlichkeit sorglos und ohne Angst vor männlicher Gewalt bewegen können.

Und Gewalt gegen Frauen hat System: Grundpfeiler unserer Unterdrückung sind gesetzlich festgeschrieben und strukturell im Kapitalismus verankert. Der gesetzliche Umgang mit Prostitution, Pornografie und Abtreibungsrechten, die Unterfinanzierung von Hilfsangeboten, die doppelte Ausbeutung der Frau in Familie und Betrieb – hier gehen Patriarchat und Kapitalismus Hand in Hand, um Gewalt an Frauen entweder direkt zu legitimieren oder die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Strukturelle Gewalt gegen Frauen, die Sicherung der männlichen Vormachtstellung durch den Staat, ist auch der Grund für die Proteste im Iran, wo sich mutige Frauen gegen den Kopftuchzwang stellen und dafür in vielen Fällen mit ihrem Leben bezahlen.

Die Situation ist nicht tragbar – wir fordern den Ausbau von Hilfsangeboten für Frauen, ernsthafte Präventionsmaßnahmen, die schon Teil der schulischen Bildung sind, und die lange überfällige, vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention!

Protestiert am Tag gegen Gewalt an Frauen gemeinsam mit uns! Im Anschluss daran freuen wir uns auf ein entspanntes Miteinander in der Frauenkneipe, wo es Gelegenheit für den persönlichen Austausch gibt. Frauen, schließt euch zusammen!

Kundgebung

Abtreibungsrechte verteidigen! Solidarität mit Frauen in den USA und international!

Bereits 2021 hat uns das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Polen erschüttert. Nun steht auch in den USA die Aufhebung der Gerichtsentscheidung Roe v. Wade, die Schwangerschaftsabbrüche als fundamentales Recht der Frau festlegt, zur Debatte und wird vom konservativen Supreme Court voraussichtlich durchgesetzt. Diese Entwicklungen zeigen uns mit großer Härte auf, dass Abtreibungsrechte, unsere Rechte auf reproduktive Selbstbestimmung, sowohl erkämpft als auch kontinuierlich gegen den patriarchalen Staat verteidigt werden müssen. Ideologisch verblendete AbtreibungsgegnerInnen, fundamentalistische ChristInnen und Rechtsradikale organisieren sich international unter dem Deckmantel des selbsterklärten „Lebensschutzes“ – bei dem es nicht um den Schutz des bestehenden Lebens der Frau, sondern des imaginierten Lebens eines Embryos geht –, um den Abbau der Rechte von uns Frauen zu erstreiten. Der kapitalistische, patriarchale Staat, der ein Interesse an erzwungenem Bevölkerungszuwachs, Sozialabbau und der Kontrolle weiblicher Körper hat, ist mehr als bereit, ihren Forderungen bei nächster Gelegenheit nachzukommen. Im feministischen Kampf dürfen wir uns daher nicht in Sicherheit wähnen, sobald das Abtreibungsrecht ganz oder teilweise erkämpft wurde, sondern müssen uns beständig gegen den drohenden Abbau dieser Freiheit zur Wehr setzen, bis eine uneingeschränkte gesellschaftliche Akzeptanz unserer reproduktiven Selbstbestimmung erreicht ist. Im fortlaufenden Kampf für ein freies, selbstbestimmtes Leben als Frauen stehen wir Seite an Seite mit unseren Schwestern in aller Welt. Wir solidarisieren uns mit Frauen in den USA, in Polen und international!

Am 21.05. gehen wir auf die Straße!

Die Corona-Krise ist weiblich

13 Monate leben wir in einer Pandemie. Die Corona-Krise hat so einige blinde Flecken sichtbar gemacht. Die Corona-Krise hängt eng mit dem System des Kapitalismus zusammen. Wurden diese Flecken bereits vor der Pandemie kritisiert, so sind sie nun kaum noch zu übersehen. Hiervon sind besonders die Frauen der Gesellschaft stärker betroffen als die Männer. Aber warum ist das so? Die Antwort lautet – Surprise – das Patriarchat. Ein System, das auf unbegrenztem Wachstum und Profitstreben beruht. Das einzelnen Personengruppen Macht und Privilegien zuspricht, sie im gesellschaftlichen Leben bevorzugt und auf der anderen Seite all diejenigen ausbeutet, die diesen bevorteilten Personengruppen nicht entsprechen. Doch das Patriarchat betrifft uns alle.

Das fängt bei der Erziehung an, bei Vorstellungen von weiblichen und männlichen Rollenbildern wie Stärke zeigen und Schwäche vermeiden und es zieht sich über alle Alters-, Gesellschaftsgruppen und Szenen hinaus. Es ist kein Zufall, dass vor allem Frauen eher in sogenannten „systemrelevanten“ Bereichen wie beispielweise der Pflege arbeiten, oder dass bei Schließungen von Schulen und Kitas eher Mütter statt Väter den Spagat zwischen Kindererziehung und nun auch noch Homeoffice wagen müssen.

Toxische Vorstellungen von Männlichkeit haben uns hierhin geführt. Damit meinen wir die systematische Ausübung von Macht und Privilegien, welche Männern ganz selbstverständlich und unhinterfragt zustehen – wer beispielsweise im Haushalt ganz selbstverständlich für Sauberkeit, Essen und emotionale Unterstützung durch Zuhören oder Care Arbeit sorgt – und nun noch stärker durch die Pandemie diese Aufgaben übernimmt, die das gesellschaftliche System auf kleinster Ebene, der „Familie“, stützt. Oder wer aufgrund dieser Geschlechtszuschreibungen und Erwartungen prekäre Berufe wählt, die zwar „systemrelevant“ sind, aber mit weniger Gehalt und Altersarmut einhergehen. Oder wie sieht es mit Sicherheit aus, um die Unversehrtheit des eigenen Körpers und der eigenen Würde? Dass der Aufenthalt im öffentlichen Raum, ob bei Tag oder bei Nacht mit einem Gefühl von Unsicherheit zusammenhängt, beispielsweise durch ungefragte, sexistische Kommentare oder gar die Gefahr körperlicher Gewalt, kennen besonders Frauen.

Das alles ist für Frauen nichts Neues, denn die Erfahrungen gehören zu unserem Alltag im Patriarchat. Hinzu kommt nun die weitere Gefahr durch einen Virus, und damit noch mehr Unsicherheiten für Körper und Seele. Seit 13 Monaten werden die Probleme, die schon vorher da waren, ins Private abgewälzt und auf die Ebene der Familie und die Schultern der bis zum Burnout oder gratis arbeitenden Frauen verdrängt. Frei nach dem Motto „Hauptsache der Wirtschaft und dem Patriarchat geht’s gut“. 

Bei einer genaueren Analyse der momentanen Verhältnisse zeigt sich: Die Corona-Krise ist weiblich!

Dennoch spiegelt sich in den Maßnahmen und Debatten ein androzentrisches Weltbild wider.  

Frauen werden nahezu unsichtbar in tradierte und teilweise schon längst überholte Rollenbilder zurückgedrängt. So übernehmen berufstätige Mütter mehr als doppelt so häufig die Betreuung der Kinder, wenn Tagesstätten und Schulen geschlossen werden oder deren Besuch ein zu hohes Infektionsrisiko für die im Haushalt Lebenden darstellt. Die Pflege von Angehörigen zwingt Frauen häufiger dazu, sich weitgehend isolieren zu müssen, um die Pflegebedürftigen nicht zu gefährden.

Neben Homeoffice und Homeschooling, häuslicher Pflege von Angehörigen und dem Zurückdrängen der Reproduktionsarbeit in den privaten, unsichtbar gemachten Bereich hat sich die soziale Ungleichheit von Frauen zusätzlich vergrößert.

Die erste durch die Pandemie verursachte Entlassungswelle traf vor allem Arbeitsbereiche des ohnehin schon prekären, informellen Sektors. Die Arbeiterinnen in normabweichenden Lohnarbeitsverhältnissen haben seit Beginn der Pandemie europaweit 70 Prozent ihres Gehalts eingebüßt. Zudem getroffen wurden Angestellte im Einzelhandel, im Gastgewerbe und im Tourismus – all dies sind Arbeitsfelder mit einem extrem hohen Frauenanteil. 

Die Geschichte zeigt: Auch nach der Krise fällt es Frauen deutlich schwerer wieder zurück in die Lohnarbeit und somit in die eigenverantwortliche und unabhängige Versorgung zu kommen. Sie bleiben im Durchschnitt länger arbeitslos als dies bei Männern der Fall ist. 

Bei der Erforschung von Medikamenten werden Frauen oftmals nicht beachtet, obwohl Wirkung und Nebenwirkung unter Umständen geschlechtsspezifisch sind. Die Gesundheitsversorgung von Frauen wird zweitklassig behandelt, obgleich sie – wenn es hart auf hart kommt – hauptsächlich von Frauen geleistet wird. 

Frauen machen weltweit 70 Prozent des Personals in Sozial- und Pflegeberufen aus. Die ohnehin schon angespannte Lage des ausverkauften Gesundheitswesens wird hauptsächlich durch die Ausbeutung der Angestellten im Gesundheitssektor abgefedert. Urlaubsaussetzungen, Überstunden, Doppelschichten und Burnout winken uns aus der Pandemie entgegen.

Zudem birgt die Arbeit im Sozial-, Gesundheits- und Reinigungssektor ein hohes Infektionsrisiko, vor dem die dort tätigen Frauen sich schwerer schützen können. Homeoffice ist nicht!

Die Hashtags #Pflexit und #PflegtEuchDochSelbst bringen die Wut und Verzweiflung der betroffenen Fachkräfte auf den Punkt. Pflegeberufe sind mehr als Applaus wert, den Applaus kann man nicht fressen. 

Der Begriff systemrelevant wirkt hier nahezu zynisch und kann teilweise folgendermaßen übersetzt werden: Systemrelevant ist prekäre, unterbezahlte Arbeit unter krankmachenden Bedingungen. Im Kapitalismus tritt die mehrfache Ausbeutung von Frauen offen zutage und nimmt immer wieder neue Formen an. Relevant für dieses System zu sein – welch ein Hohn. 

Krisen verstärken Diskriminierungsformen – doch die ungleiche Betroffenheit spielt bei bisherigen Maßnahmen gegen die Pandemie keine Rolle. 

Vor allem betroffen sind die, die ohnehin schon von Rassismus, Klassismus und Sexismus betroffen sind z.B. Women of Color oder Frauen, die in Armut leben. 

Der weiße Mann als Norm der Gesellschaft und viele ihm zugeschriebene Bereiche hingegen werden kaum von Maßnahmen reglementiert. 

Während Rheinmetall unbehelligt unter nahezu normalen Umständen den neuen – natürlich sehr systemrelevanten – Panzergrenadier produziert – wird der private Bereich weitgehend verregelt. Immer wieder wird behauptet, der Ort der Infektionsübertragung wäre das Zuhause und eine Schließung von Fabriken, Großraumbüros und anderen Arbeitsorten somit nicht notwendig. 

Wir widersprechen dem klar! Das Coronavirus sitzt nicht zuhause zwischen Bügelwäsche und Kühlschrank und wartet fröhlich darauf sich zu verbreiten. Es wird in den privaten Bereich hineingetragen und das selbstverständlich auch durch die Nicht-Reglementierung von kapitalistisch organisierten Arbeitsstätten. 

Die erhöhte Gefahr Opfer von sexualisierter oder häuslicher Gewalt zu werden ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Frauen von der Coronapandemie ungleich härter betroffen sind. 

Gewalt gegen Frauen begründet sich im patriarchalen Geschlechterverhältnis und im androzentrischen Weltbild der Mehrheitsbevölkerung.

Gewalt gegen Frauen ist immer der Versuch, das patriarchale Geschlechterverhältnis aufrechtzuerhalten.

Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter und ist für alle Frauen eine allgegenwärtige Drohung.

Am häufigsten sind Frauen daheim im Kreise ihrer Liebsten Gewalt ausgesetzt und von Gewalt betroffen. Entgegen des weit verbreiteten Denkens ist es für Frauen NICHT draußen auf der dunklen Gasse am gefährlichsten. Am gefährlichsten ist es für Frauen daheim mit ihrem Partner, mit engen Freunden, mit dem Vater, mit dem Onkel, mit dem Opa, mit dem Exfreund. Denn viele Männer sehen es als ihr gutes Recht an, Macht über den weiblichen Körper in Form von sexualisierter Gewalt wie zum Beispiel einer Vergewaltigung auszuüben.

Die für viele Frauen alltägliche häusliche Gewalt wird selten zur Anzeige gebracht, weil die Aussichten auf staatliche Unterstützung schlecht sind.

Häusliche Gewalt wird selten zur Anzeige gebracht, weil die Frauen in einem strukturellen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Weil sie Angst vor der gesellschaftlichen Ächtung haben, die viele Frauen trifft.

Häusliche Gewalt wird ebenfalls selten zur Anzeige gebracht, weil Frauen sich schämen, die Schuld auf sich selbst projizieren, ihr Gesicht bewahren wollen oder sie ganz einfach Angst vor noch schlimmeren Misshandlungen haben.

Durch die Pandemie werden alle Menschen vermehrt auf ihr häusliches Umfeld zurückgeworfen. Die Kontakte mit den Mitmenschen beschränken sich auf die Engsten und Liebsten. Durch die Kinderbetreuung sind viele extrem gefordert. Viele leben auf engstem Raum plötzlich 24/7 zusammen und sind vermehrt Ängsten und ihrer eigenen Hilflosigkeit ausgesetzt. Dies ist ein Katalysator für häusliche Gewalt, unter welcher vor allen Dingen Frauen leiden.

Viele Frauenhäuser und Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen berichten besorgt, dass sich seit der Pandemie immer weniger Frauen bei ihnen melden. Sie gehen davon aus, dass viele Frauen schlichtweg keine Möglichkeit haben, 5 Minuten in Ruhe und ohne Angst vor Kontrolle zu telefonieren. Auch befürchten sie, dass der fehlende Austausch mit anderen Menschen zu weniger Meldungen führt. Denn niemand kriegt es mit, wenn der ganze Körper mit blauen Flecken übersät ist. Man muss diese nicht einmal überschminken.

Das höchste Ausmaß, das die Gewalt gegen Frauen annehmen kann, ist der Femizid. Als Femizid bezeichnet man die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. Laut des BKA wurden in Deutschland in den letzten drei Jahren jährlich 100 Frauen aufgrund ihres Geschlechts ermordet. Deutschland und alle anderen Rechtssysteme verbieten die Tötung von Frauen und erkennen somit theoretisch den Subjektstatus der Frau an. Wie instabil und fragil jedoch dieser Subjektstatus ist, wird mit jedem Femizid mehr als deutlich. Bei jedem Femizid stabilisiert sich die männliche Subjektivität dadurch, dass Kränkung und Kontrollverlust des Mannes mit der Auslöschung eines weiblichen Subjektes vergolten werden. Mit anderen Worten: im Femizid bestraft der Mann die Frau dafür, dass sie ihn verlässt, „sein“ Kind abtreibt, ihn sexuell im Häuslichen oder in einer Prostitutionsstätte zurückweist, seine Männlichkeit verletzt, weil sie mit einer anderen Frau zusammen ist.

Am Ende ist uns wichtig zu betonen, dass Formen der Männlichen Gewalt nicht nur ein Teil der Mehrheitsbevölkerung sind. Gewalttätige Männer stehen auch heute hier mit uns, männliche Gewalt findet auch inmitten unserer eigenen Szene statt. Schaut genau hin, achtet Grenzen, seid solidarisch und aufmerksam.

Gegen Macker und Sexisten – Fight the Power, Fight the System

30. April: Demo „Die Krise an der Wurzel packen! Solidarisch gegen Staat und Kapital!“

Am 30. April 2021 werden wir gemeinsam auf die Straße gehen: Unter dem Motto „Die Krise an der Wurzel packen! Solidarisch gegen Staat und Kapital!“ startet um 18 Uhr eine antifaschistische und antikapitalistische Demonstration an der Stadtbücherei Heidelberg. Und wie immer gilt: Aufstand mit Abstand – bringt Mund-Nase-Schutz mit.

https://aihd.noblogs.org/files/2021/04/Krise_an_der_Wurzel_packen.jpg

Im Folgenden findet ihr den Aufruf:

Die Krise an der Wurzel packen – solidarisch gegen Staat und Kapital!

Deutschland im Frühjahr 2021: Daimler zahlt eine 1,4 Miliarden Euro schwere Gewinnausschüttung an seine Aktionär*innen. Dieser Gewinn beruht zu wesentlichen Teilen auf Kurzarbeit und staatlichen Corona-Hilfs-Geldern. Die Kurzarbeiter*innen, die diese Gewinne erwirtschaftet haben, sehen selbstverständlich nichts davon. Während bei Aktionär*innen der Schampus fließt, müssen diejenigen, die den Schampus erarbeitet haben, überlegen, wie sie mit den verknappten Löhnen über die Runden kommen, und bemüht sein, vor Beginn der Ausgangssperre wieder in ihren engen Stadtwohnungen zu sitzen. Wenn der Staat sich dann seine Investitionen in die Krisenkonjunktur zurückholen will, werden vermutlich wieder nicht die Krisengewinner*innen zur Kasse gebeten, sondern diejenigen, die schon jetzt unter der Last der Krise leiden.

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Vortrag „Arbeiterinnen, kämpft mit in der Roten Hilfe!‘ – Frauen in der RHD“ am 19.04.

Am 19. April veranstalten wir gemeinsam mit der Roten Hilfe Heidelberg/Mannheim, der Antifaschistischen Initiative Heidelberg und dem Hans-Litten-Archiv den Online-Vortrag „‚Arbeiterinnen, kämpft mit in der Roten Hilfe!‘ – Frauen in der Roten Hilfe Deutschlands“. Die Referentin Silke Makowski vom Hans-Litten-Archiv wird in dem Vortrag zu den Roten Helferinnen in der Weimarer Republik und im antifaschistischen Widerstand ab 1933 sprechen.

Wann: 19.04. um 19.30Uhr Wo: https://rote-hilfe.collocall.de/b/dem-gjj-l6q-egi

Die Rote Hilfe Deutschlands (RHD) war in der Weimarer Republik eine in der gesamten ArbeiterInnenbewegung beliebte Solidaritätsorganisation, die zuletzt über eine Million Mitglieder umfasste. Auch nach dem Verbot durch die Nazis im März 1933 setzten die Widerstandsgruppen der RHD ihre vielfältigen Aktivitäten fort, informierten über den NS-Terror und unterstützten die Familien der politischen Gefangenen.

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