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Anmerkungen zum feministischen Diskurs

Wir, das Feministische Bündnis Heidelberg, sind Freund:innen von innerfeministischen Auseinandersetzungen und halten das feministische Streiten für unerlässlich um den Feminismus als sozialen Kampf (im Patriarchat) weiterzuentwickeln.  Bedingung für einen solchen fruchtbaren Streit ist jedoch eine klar dargelegte und schlüssig begründete Kritik.

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Was kostet eine Frau

Veröffentlichung unseres Sammelbandes zur Kritik der Prostitution!

Erhältlich im Alibri-Verlag

Endlich ist unser Sammelband „Was kostet eine Frau? Eine Kritik der Prostitution“ draußen! In Zusammenarbeit mit engagierten Frauen, Aussteigerinnen aus der Prostitution und Expertinnen für soziale Arbeit, Psychologie und Soziologie, die sich seit Jahren mit dem Thema Prostitution auseinandersetzen, haben wir auf 300 Seiten eine vielschichtige Analyse des Milieus angestellt. Insbesondere beleuchten wir den Freier als Täter, die Auswirkungen von Sexkauf auf prostituierte Frauen und die Einbettung der Prostitution in den gesamtgesellschaftlichen, kapitalistisch-patriarchalen Kontext.

Da eine Buchtour wegen der aktuellen Corona-Situation leider vertagt werden muss, stellen wir euch den Sammelband am 25.11., dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, im Rahmen einer Online-Veranstaltung vor. Bis dahin ein kurzer Einblick:

Im Patriarchat zu leben bedeutet für viele Frauen, mit Armut, Ausbeutung und sexualisierter Gewalt konfrontiert zu sein. Die Prostitution stellt dabei eine besondere Bedrohung für Leib und Leben dar – von ihr betroffen sind vor allem Frauen in ökonomischen, sozialen und emotionalen Abhängigkeitsverhältnissen. In den Beiträgen dieses Sammelbandes wird die Verflechtung von Patriarchat, Kapitalismus und Prostitution aus feministischer Perspektive analysiert. Entgegen gängiger Debatten rückt zudem der Freier als Täter in den Fokus, der durch Sexkauf Gewalt gegen Frauen ausübt.

** Informationen zu unseren anstehenden Veranstaltungen zur Buchveröffentlichung findet ihr hier! **

Weiterer Mord an Frau in Prostitution

In der Nacht vom Sonntag, den 27.09.20 wurde wieder eine Frau in der Prostitution getötet. Der Täter wird aktuell gesucht – die Chancen einer Aufklärung stehen allerdings schlecht. Schließlich werden viele solcher grauenhaften Taten an Frauen in der Prostitution nicht aufgeklärt. In den meisten Fällen sind die Täter Sexkäufer. Leyhan Veith war erst 40 Jahre alt und hätte noch ein langes Leben vor sich gehabt. Sexkäufer üben nicht ohne Grund Gewalt an Frauen aus – sie betrachten Frauen als kaufbare Objekte. Seit 2000 wurden deshalb um die 100 prostituierte Frauen in der BRD von Männern getötet.

Hinweise nimmt die Kieler Kriminalpolizei unter (0431) 160 33 33 entgegen.

Weitere Infos hier!

Feministischer Filmabend im Karlstorkino

Am Dienstag den 29.9. zeigt das Feministische Bündnis HD in Kooperation mit dem Karlstorkino den Film „Alles ist Gut“. Der Film ist eingebettet in einen Input und eine Podiumsdiskussion. Start: 19.00Uhr.

Eva Trobisch erzählt in ihrem Regiedebüt die Geschichte von Janne. Auf einer Feier lernt sie Martin kennen. Als Janne ihn bei sich übernachten lässt, vergewaltigt er sie. Der Film behandelt Jannes Art, mit dem Trauma der Vergewaltigung umzugehen: Sie lässt alles ihren gewohnten Gang gehen, verheimlicht das Erlebte. Im Alltag wird sie jedoch immer wieder mit dem Trauma konfrontiert. Das Schweigen isoliert sie. Im Gegensatz zu ihrem Chef, der ebenfalls Opfer der Gewalt seiner Partnerin ist, findet sie keinen Ausweg.

„Alles ist Gut“ beleuchtet das Thema sexualisierte Gewalt gegen Frauen aus Betroffenenperspektive. Seien Sie herzlich eingeladen mitzudiskutieren, wie und ob dieser gelungen ist.
Die Veranstaltung mit anschließender Diskussion findet im Saal des Karlstorbahnhofs statt.

Protest gegen Sexkauf 2020

Dies ist ein Redebeitrag des Bündnisses, gehalten bei der Veranstaltung „Mannheim gegen Sexkauf“ vom 19.09.2020:

„Schätzungsweise 400.000 Frauen befinden sich in Deutschland in der Prostitution. Pro Tag kaufen Männer in Deutschland über eine Million Mal Sex. Einen Döner essen hingegen nicht einmal 700.000 Menschen. So präsent, so allgegenwärtig ist Prostitution. Diese Zahlen klingen absurd hoch, weil wir die Realität der Prostitution aus unserem Alltag sehr bequem ausklammern. In jeder deutschen Großstadt, hier in Mannheim, in Heidelberg, leben Frauen, für die jeder Tag aufs Neue verheißt, ihren Körper für sogenannte sexuelle Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und ungewollten Geschlechtsverkehr mit fremden Männern über sich ergehen zu lassen, um ihre Existenz sichern zu können. Frauen, deren Alltag daraus besteht, Abspaltung von ihrem eigenen Körper zu betreiben, der in der Prostitution zur Ware geworden ist. Frauen, die ähnlich oft wie Kriegsveteranen eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, weil sie tagtäglich das Unaushaltbare aushalten müssen.

Jeder Mann lebt in Deutschland in dem Wissen, dass er sich jederzeit Sex erkaufen kann. Sex mit einer Frau, deren Körper seinen Vorstellungen und Fantasien entspricht. Sex mit einer Frau, die sich so verstellt, wie er sie gerne hätte. Sex, der genauso abläuft, wie er das möchte. Wer genug Geld ausgibt, kann sich jede noch so perverse Fantasie erfüllen lassen. Die Bedürfnisse der prostituierten Frau spielen hierbei überhaupt keine Rolle – wie auch? Sie braucht Geld, und ein unzufriedener Freier zahlt nicht, kommt nicht mehr wieder oder sorgt für Probleme mit dem Zuhälter. Je größer ihre ökonomische Not, desto mehr muss sie mit sich machen lassen, um genug Geld beschaffen zu können; denn Bedingungen kann nur stellen, wer sich leisten kann, Freier zu verlieren. Wie freiwillig kann dieser Sex denn sein, wenn die Alternative ist, die Miete nicht bezahlen zu können?

Von vielen Seiten wird die Prostitution als Beruf bezeichnet. Prostitution sei eine Dienstleistung wie jede andere, behauptet man, und vergleicht Bezahlsex mit einer Massage oder einem Haarschnitt. Hierbei wird völlig ignoriert, dass für jede andere Dienstleistung egal ist, wie die Person aussieht, die sie leistet. Die Dienstleistung steht nämlich im Vordergrund, nicht die Arbeiterin, die sie durchführt. Die Prostitution macht aus, dass hier nicht nur für eine Handlung bezahlt wird, sondern für die ganze Frau. Und nicht nur der Körper der Frau muss den Vorstellungen des Freiers entsprechen, sie muss ihm auch einen Charakter vorspielen: Mal naiv, mal dominant, der Mann weiß genau, wie er die Frau gerne hätte, die er für einen Sexualakt benutzt, den man schon fast als Masturbation mithilfe eines Frauenkörpers bezeichnen kann. Von der Frau als Person bleibt beim Bezahlsex nicht viel übrig. Der Freier freut sich, dass er die Fantasien, die er den ganzen Tag mit sich herumträgt, endlich auf eine Frau projizieren kann, die ihre eigenen Bedürfnisse und ihren authentischen Charakter auf den Nullpunkt heruntergeschraubt hat, um ihm komplett als Projektionsfläche zu dienen. Die prostituierte Frau wird zu einer leeren Hülle einer Frau, die der Freier durch seine Fantasie mit Inhalt füllt. Sie wird zum totalen Objekt seiner Lust. Dass eine derart empathielose, totale Objektifizierung für so viele Männer überhaupt möglich ist, zeugt davon, wie sich Freier durch die Welt bewegen und mit welchen Augen sie jede Frau betrachten. Wenn es ein Mann über sich bringt, eine von uns Frauen derart zu misshandeln, dann hat er keine Skrupel davor, es mit jeder anderen zu tun, wenn sich die Möglichkeit ergibt. Die Täter gehören hierbei klar benannt. Circa jeder zehnte bis fünfte deutsche Mann kauft mindestens einmal in seinem Leben Sex. Ich kann jede nur dazu anhalten, sich in der Fußgängerzone umzuschauen und sich diese Zahlen vor Augen zu führen. Freier, wir sehe euch, und wir setzen alles daran, dass eure gerechte Strafe euch ereilen wird.

Prostitution geht uns alle an. Nicht nur, weil die größtmögliche Solidarität mit prostituierten Frauen die einzig richtige Antwort auf das Leid ist, das sie täglich erfahren. Auch, weil Prostitution nur in einer Gesellschaft stattfinden kann, deren Frauenbild es überhaupt erst möglich macht, dass weibliche Sexualität zur beliebten Ware wird.

1,2 Millionen Mal am Tag wird in Deutschland Sex gekauft. Das ist eine Schätzung des Statistischen Bundesamtes. So häufig benutzen Männer prostituierte Frauen tagtäglich für ihren eigenen Lustgewinn. So häufig müssen diese Frauen dissoziieren, lernen, ihren Körper nicht mehr zu spüren, durchhalten, bis es vorbei ist. An die Decke schauen, abwarten, den Ekel verstecken vor dem fremden, verschwitzten Mann, der da auf einem liegt.

Was das mit diesen Frauen macht, zeigt eine großflächige Studie der US-amerikanischen Psychologin Melissa Farley: Etwa 68 Prozent der Prostituierten entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung, ihre Symptome sind mit denen von Kriegsveteranen und Folteropfern vergleichbar. Eine PTBS entsteht nach einem Erlebnis oder einem Zeitraum, der für die Psyche unerträglich war und nur durch Abspaltung ausgehalten werden konnte. Auch Jahre nach ihrem Ausstieg leiden die Frauen noch unter den Nachwirkungen ihrer Tätigkeit. Viele Frauen befinden sich in ständiger Alarmbereitschaft, dissoziieren, haben blitzartig einschießende Erinnerungen an das erlebte Grauen. Eine Tätigkeit, die Frauen mit derartigen Schäden zurücklässt, kann keine Arbeit sein wie jede andere.“

Was heißt es für eine Gesellschaft, dass sie diese Zustände billigt? Dass sie wegschaut, relativiert oder rechtfertigt, dass so etwas stattfindet? Legalisierung von Sexkauf ist nur in einer Gesellschaft möglich, die sich für das Leid von Frauen wenig interessiert. Wenn anstelle von Ausstiegsangeboten Verrichtungsboxen auf dem Berliner Straßenstrich finanziert werden, spätestens dann ist klar, dass das Elend in der Prostitution bereitwillig akzeptiert wird.

Wir stehen heute hier, weil wir uns für eine Gesellschaft einsetzen, die etwas gegen diese Zustände unternimmt. Wir stehen hier, weil wir uns dagegen wehren, dass das Leid von hunderttausenden Frauen entweder totgeschwiegen oder in Kauf genommen wird.

Deshalb fordern wir die Einführung des Nordischen Modells auch in Deutschland. Wir fordern das Verbot von Sexkauf und die Bestrafung von Freiern. Wir fordern den Aufbau eines staatlich finanzierten, großflächigen Netzwerks von Ausstiegshilfen für Prostituierte. Das beinhaltet die Finanzierung von Frauenhäusern, den Abbau institutioneller Hürden beim Ausstieg, die Finanzierung von Psychotherapie zur Behandlung der Folgeschäden und die Unterstützung bei der Wohnungssuche und Wiedereingliederung in den regulären Arbeitsmarkt. Sexkauf zu verbieten und sich damit klar gegen die sexuelle Ausbeutung von Frauen zu positionieren ist ein großer Schritt, der auf dem Weg in Richtung Geschlechtergleichheit getan werden muss und der in Deutschland aussteht. Wir verlangen, dass dieser Schritt jetzt getan wird.

Die Hörbarkeit von uns Frauen

Rede zum Frauenkampftag 2020

In unserer Rede vom Feministischen Bündnis Heidelberg geht es um Hörbarkeit. Wir müssen heute gemeinsam über etwas reden, bei dem die Leute normalerweise entsetzt abwinken. Es betrifft Geschichten, die flauschig beginnen, z.B. so: Peter lernt Bea auf der Weihnachtsfeierei in der Kantine kennen. Weils so prickelt und auch weils so normal ist sind die beiden ganz bald ein händchenhaltendes Paar, das mit anderen Paaren gemeinsam zu Mario Barth lacht und zum Fußball jubelt. Der Alltag ist dröge, die Kinder so anstrengend: Der Frust wächst. Und die Bea putzt nicht wie Peter es will, schweigt nicht, wenn Peter will, vögelt nicht wie Peter will. Das alles macht ihn ärgerlich. Als er noch vom Boss gezeigt bekommt wie jämmerlich er unterlegen ist platzt ihm der Kragen. Regelmäßig rutscht Peter deshalb die Hand aus. Die sich steigernde Gewalt fing mit Beleidigungen und verbaler Erniedrigung an – und gipfelte in Würgen, Schlagen, treten und Vergewaltigung. Peter denkt er hat das Recht in seinem Hause zu walten wie er will, schließlich ist er der Familienvorstand. Als sie sich schließlich trennen will, beschließt er sich und sein Eigentum zu töten.

Diese Geschichte widerholt sich. Immer und immer wieder erzählen Frauen Teile dieser Geschichte – die darauffolgende Täter-Opfer Umkehr und die Ignoranz bringen sie dazu sich dafür zu schämen. Wer sich schämt, hört auf zu reden. Peter findet das gut! Er kann nämlich weiter Gewalt ausüben, weil die Frauen sich schämen, weil sie zum Schweigen gebracht werden – Diejenigen, die sich weigern zuzuhören und dagegen vorzugehen machen sich schuldig, weil sie Peter möglich machen.

Letztens hat mir eine Mitfrau von einem durchaus programmatischen Beispiel aus dem patriarchalen Haufen Justiz erzählt. Ein Mädchen sagt aus, es würde vom Vater missbraucht. Der Richter stürmt auf es zu, baut sich auf, beugt sich über es, hebt väterlich-strafend den Zeigefinger und befielt dem Kind die Wahrheit zu sagen, denn es wisse schließlich, dass so eine „Unterstellung“ das Leben des Angeklagten zerstören könne. Das Mädchen, dessen Leben zerstört wurde, schweigt daraufhin. Speechless terror wird es genannt, wenn Personen aufhören zu sprechen, weil sie etwas Lebensbedrohliches erlebt haben. Es bezeichnet die Blockade des Sprachzentrums, wenn die Bilder des Übergriffs als Flashbacks zurückkehren, Trigger um Trigger. Diese Gesellschaft produziert speechless terror, und das systematisch. Peter bedankt sich für die tatkräftige Unterstützung.

Terror, der zur Sprachlosigkeit führt, herrscht im öffentlichen Diskurs, in der Art wie Männer mit und vor allem über Frauen sprechen. Diese Männer, die sich genüsslich seitenweise darin ergehen wie genau sie gerne Frau Thunberg, Frau Rackete oder Frau Neubauer vergewaltigen würden haben im Grunde wahnsinnig große Angst um ihren Status. Ihre von Sexismus deformierten Hirne senden immer wieder quälende Angstsignale, wenn sie mutige, schlaue, unabhängige Frauen in der Öffentlichkeit Sehen und Hören. Dass Frauen wie Thunberg, Neubauer und Rackete mit den vergangenen Frauenbewegungen gelernt haben sich vom Mann zu distanzieren macht ihn rasend. Sie und viele andere Frauen lassen sich nämlich nicht mehr den Mund verbieten. Und dann sind sie auch noch so ungefällig wie nur geht: Sie lächeln nicht als gäbe es was zum Lachen, sie kleiden sich nicht sexy als wären sie vor allem ein zu betrachtendes Objekt das nur die männliche Großartigkeit spiegelt.

Jede vierte Frau hat männliche Gewalt erlebt, jeden dritten Tag wird eine Frau vom Mann oder Vater an ihrer Seite getötet. Wenn Frauen von Taten berichten herrscht Verrat durch Ignoranz – uns Frauen bleibt daher nichts übrig als uns zusammenzuschließen und nach den Wurzeln dieses Grauens zu suchen. Uns geht’s dabei nicht ums Rumjammern – sondern ums Zurückschlagen.

Dass Männer zu Tätern werden und Frauen zu sprachlosen Unterlegenen liegt in der Sozialisation – und das ist eine gute Nachricht. Man wird nicht als Vergewaltiger geboren – man wird dazu gemacht. Geschlechtsspezifische Sozialisation sorgt dafür, dass Mädchen nicht lernen Grenzen zu ziehen und eigene Bedürfnisse auszusprechen und durchzusetzen: Sie lernen angepasst und fügsam zu sein, die Schuld auf ihrer Seite zu suchen. Jungs hingegen lernen in der Konkurrenz zu anderen Jungs Dominanz und Durchsetzungsfähigkeit: Sie lernen über die Grenzen von Mädchen zu gehen und sie als „ihre“ Freundin später zu dominieren. Der patriarchale Kopf denkt er besäße Rechte an Frau und Kind – auch das Recht sie zu bestrafen. Weibliche Aggression richtet sich gegen sich selbst, z.B. in Hunger, Rückzug und der Wahl eines gewaltvollen Partners. Männliche Aggression richtet sich nach außen – oft gegen die Frau, die am nächsten steht. Da diese Art von Gewalt das Geschlecht betrifft – äußert sie sich oft in sexualisierten Übergriffen als Unterwerfung. Unter dem Vergrößerungsglas ist das sichtbar in der Prostitution: Männliche Gewalt ist hier abgesichert durch den im Kapitalismus als legitim anerkannten Bezahlvorgang. Die softe Vergewaltigung ist als Porno allgegenwärtig und verknüpft in unserem Gefühlsleben Lust mit Gewalt gegen Frauen. Kapitalismus als Männerherrschaft lässt uns das alles gleichmütig hinnehmen, weil es uns als natürlich vorkommt.

In den 70ern galt es noch als selbstverständlich Privates politisch zu nennen. Heute passiert dasselbe, wie damals vor dem feministischen Kampf um Sichtbar- und Hörbarkeit. Strukturen werden geleugnet, Systematisches wird als tragischer Einzelfall abgetan. Keinerlei Interesse sich mit patriarchalen Strukturen auseinander zu setzen! Wir sollten trauern um die Frauen, die vor den Toren des Frauenhauses abgewiesen wurden, weil sie zu schützen dem Staat schlicht zu teuer ist. Sie hätten vor dem Ehemann, der sie tötete, geschützt werden können – nun sind sie erschlagen, erstochen, erwürgt Teil eines riesigen Grabes auf dem geschrieben steht: „Wenn wir nicht hinschauen, ist es nicht wahr – und außerdem sind Männer schon längst die unterdrückte Gruppe“.

Aber: Solange Vergewaltigung noch nicht schamfrei laut und deutlich ausgesprochen werden kann – solange Personen schon beim Klang zusammenzucken stehen wir Frauen hier und schreien es ihnen entgegen. Denn wer nichts von Vergewaltigungen hören will – der stellt sich auf die Seite des Vergewaltigers, er ist die Vergewaltigung durch Unterlassen.

Wir Frauen fordern daher die Erhebung von Daten, die das volle Ausmaß der Gewalt sichtbar machen. Wir fordern die Einhaltung der Istanbul Konvention, nach der jede Frau ein Recht auf Schutz im Frauenhaus hat. Wenn das Morden ein Ende haben soll, müssen unbedingt Mittel in Frauen- und Männerarbeit gesteckt werden. Kein Mann muss Vergewaltiger sein – aber die gesellschaftliche Verdrängung des Themas schafft vergewaltigende Männer. Deshalb fordern wir, dass sich an Schulen und Universitäten in Lehre und Forschung mit Männlichkeit und Weiblichkeit und der damit verbundenen Herrschaft auseinandergesetzt wird. Und wir fordern das nordische Modell als Sexkaufverbot um den Freier als Täter zu verhindern und die Gewalt, die dort passiert, zu vermindern.

Wir als Feministisches Bündnis Heidelberg möchten ein Fazit ziehen: Vielleicht wird es die Peters noch lange geben, aber wenn wir das Geschlechterverhältnis erklären, die Familie überdenken und Alternativen zum männerdominierten Kapitalismus finden dann werden es viel weniger Peters sein und eine freie und solidarische Welt ist möglich.

Frauen*kampftag 08. März 2020

Jeden Tag versucht ein Mann* seine Partnerin zu töten – jeden dritten Tag gelingt es. Häusliche und sexualisierte Gewalt sind für Frauen* tägliche Realität. Sie begleiten uns in der ängstlichen, bevormundenden Bitte der Mutter, nicht alleine nach Hause zu gehen, sie warten in unseren engsten Beziehungen zu Vater oder (Ex-) Partner. Jede vierte Frau* wurde in ihrem Leben Opfer von männlicher Gewalt. Da der Staat es unterlässt, wichtige Daten zu sammeln, sind wir auf #Aufschrei und #MeToo angewiesen, die uns Frauen* gegenseitig zeigen, dass die Gewalt, die wir erfahren, System hat: Ihr Ursprung ist das Geschlechterverhältnis.
Das Geschlechterverhältnis hat viele Gesichter – es zeigt sich in der Ohrfeige im Streit, im übergriffigen Anbaggern im Club, im lustvoll dargestellten Missbrauch im Porno. Bordelle sind voller Frauen* in finanzieller Not und Männer, die dort ihren Frust wegvögeln. Auf den #Aufschrei folgt jedoch immer das gleiche Echo: Das war halt Pech – und war dein Rock nicht auch ziemlich kurz? Wenn Frauen die gewaltvollen Zustände skandalisieren, werden Zusammenhänge geleugnet und Opfer verraten. Nach dem Motto „sei doch mal locker, verstehst du denn gar keinen Spaß?“ wird Gewalt von Männern* an Frauen* verharmlost und als individuelles Schicksal dargestellt.
Vater Staat leistet dabei auch fleißig Beihilfe zum Mord an Frauen. Jede zweite Frau, die aus Angst um ihr Leben um einen Frauenhausplatz bittet, wird wegen fehlender Finanzierung abgewiesen. Die Zahl der Femizide ist auch deshalb so hoch, weil die schwarze Null als schützenswerter erachtet wird als das Leben dieser Frauen. Mit der Erklärung, die traditionelle Familie schützen zu wollen, wird österreichischen Frauenhäusern momentan die staatliche Finanzierung entzogen. Dies bedeutet für uns, dass ein Kampf gegen Patriarchat und Sexismus immer auch ein Kampf gegen konservative, religiöse und rechtsradikale Bewegung ist. Jeden dritten Tag wird eine Frau vom Mann* an ihrer Seite ermordet. Wir wollen anlässlich des Frauenkampftages am 08.03. den Finger in die Wunde legen: Wir erheben die Stimme, um die Zustände, die zu dieser täglichen Gewalt führen, aufzuzeigen. Sie steckt in der künstlich erzeugten Trennung der Geschlechter, in der Aufteilung von Arbeit, im traditionellen Arrangement der Familie – insgesamt in der sexistischen Idee, dass Frauen* anders und minderwertig sind.
Kommt vorbei zur Kundgebung am 03.08. um 14:30 Uhr am Bismarckplatz und lasst uns gemeinsam kämpfen gegen Patriarchat und Sexismus!

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