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Frauenkampftag

Ob sichtbar oder unsichtbar – Gewalt gegen Frauen bekämpfen!

Gewalt gegen Frauen ist alltäglich und überall zu beobachten. Sie manifestiert sich in den unterschiedlichsten Formen – deshalb gehen wir auch dieses Jahr wieder am Frauenkampftag auf die Straße und sind laut!

Die Pandemie hat all die Missstände verstärkt, denen Frauen sowieso schon seit eh und je ausgesetzt sind. Sie erleben psychische und physische Gewalt – sei es im öffentlichen Raum oder in den eigenen vier Wänden, sei sie sichtbar oder unsichtbar. Mit der Pandemie und der Einschränkung des öffentlichen Lebens wurden Frauen besonders in private Räume zurückgedrängt und die Gewalt, die sie erfahren, wurde umso unsichtbarer. Das Zuhause ist für zu viele Frauen kein Schutzraum. Femizide, also Morde an und Tötungen von Frauen, sind in Deutschland und überall auf der Welt grausamer Alltag. Erreichbarkeit von Beratungs- und Hilfsangeboten für betroffene Frauen war und ist in Teilen noch immer durch das Pandemiegeschehen eingeschränkt.

Doch die erlebte Gewalt ist auch finanzieller Natur. Wenn Frauen prekären Arbeitsverhältnissen, wie schlechter Bezahlung und unwürdigen Arbeitsbedingungen, ausgesetzt sind, dann ist das eine Manifestation der Gewalt an Frauen. Während der Pandemie zeigte sich das besonders in frauendominierten Branchen wie der Pflege, dem Einzelhandel und der Reinigung. Ein weiteres strukturelles Problem zeigt sich darin, dass diese Berufe überproportional oft von Frauen mit Rassismuserfahrungen ausgeübt werden.

In Kombination mit der unbezahlten Sorge- und Haushaltsarbeit, die noch immer als „Frauenarbeit“ gilt, ergibt sich eine Doppelt- und Dreifachbelastung, die zwangsläufig der mentalen und körperlichen Gesundheit von Frauen schadet.

Auch sexuelle und sexualisierte Gewalt ist weit verbreitet. Diese zeigt sich in privaten Beziehungen oder auf der Straße. Catcalling und sexuelle Belästigung sind strukturelle gesellschaftliche Probleme, die entnormalisiert werden müssen. Die Täter gehören zur Verantwortung gezogen und die Betroffenen gehört! Außerdem gehört sexuelle Gewalt zur beruflichen Realität vieler Frauen in der Prostitution. Auch hier sind besonders oft Frauen mit Rassismuserfahrungen und Behinderungen betroffen. Doch auch die Aberkennung der sexuellen Selbstbestimmung schränkt Frauen in ihrem alltäglichen Leben ein. Sei es durch die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen oder die Tabuisierung der weiblichen Sexualität.

Wir haben es satt. Der deutsche Staat ist nicht am Schutz von Frauen und der Bekämpfung der Gewaltquellen interessiert. Sowohl die staatliche Krisenpolitik als auch das Erstarken rechter Kräfte bedrohen die bereits erkämpften Frauenrechte. Der patriarchale Backlash trifft in ganz besonderer Weise Transfrauen und Menschen, die sich nicht in heteronormative Konzepte zwingen lassen wollen. Diese Verhältnisse dürfen wir weder jetzt noch in Zukunft hinnehmen. Wir fordern sofortige Maßnahmen, um diese katastrophale Situation zu verbessern: Höhere Löhne für Pflegeberufe; umfangreiche, staatlich finanzierte Kinderbetreuung nach der Pandemie; höhere Investitionen in Frauenhäuser und Nothilfen. Sorge- und Pflegearbeit müssen gesamtgesellschaftliche Verantwortung sein! Wir kämpfen aber auch für grundlegende Veränderungen: für einen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel, weg von Patriarchat und kapitalistischer Ausbeutung und hin zu einer befreiten Gesellschaft der Geschlechtergerechtigkeit – nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt!

Gegen jede Form der Ungleichheit, Unterdrückung und Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung und Identität, körperlicher und geistiger Bedingungen

Schließt euch uns also an, wenn auch ihr auf diese Missstände aufmerksam machen und sie bekämpfen wollt!

Das Frauenkampftagsbündnis Heidelberg wird unterstützt von:

  • Sozialistische Jugend Deutschland – Die Falken Heidelberg
  • AIHD/iL
  • Netzwerk Care Revolution Rhein Neckar
  • EVA Heidelberg e.V.
  • Chancen gestalten Heidelberg e.V.
  • Akut + C / Interventionistische Linke Heidelberg 
  • ISO Rhein-Neckar (Internationale Sozialistische Organisation)
  • Catcallsofhd

Kundgebung zum Prozess gegen Abtreibungsgegner

Das IFW (Institut für Weltanschauung) hat den Abtreibungsgegner und Holocaustrelativierer Klaus Günter Annen angezeigt.

Mehrere Male wurde er bereits wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu Geldstrafen, einmal auch zu einer Freiheitsstrafe, verurteilt. Dies hat den Frauenhasser und Verharmloser der Shoa jedoch bisher nicht aufgehalten.

Das IFW bezichtigt Annen:

1. des Verdachts der Beleidigung nach § 185 StGB durch Bezeichnung Frau Kristina Hänels als (unter anderem) Auftrags- und Massen-Mörderin,

sowie

2. des Verdachts der Volksverhetzung in der Alternative des Verharmlosens nach § 130 III Fall 3 StGB in Tateinheit mit Beleidigung nach § 185 StGB durch das Gleichsetzen der medizinischen Tätigkeit Frau Hänels (und weltweit vorgenommener Abtreibungen) mit dem nationalsozialistischen Völkermord

Klaus Günter Annen ist seit Jahren als Abtreibungsgegner aktiv. Er organisiert sich in breiten religiösen, konservativen und rechtsoffenen Bündnissen gegen die Selbstbestimmung von uns Frauen. Manche Bündnisse haben mittlerweile eine besorgniserregende Größe erreicht. Ihre Aktionen führen dazu, dass immer weniger ÄrtzInnen Schwangerschaftsabbrüche vornehmen können, weil sie diffamiert, angegriffen und von selbsternannten „Lebensschützern“ wie Klaus Günter Annen oder Yannik Hendricks alias Markus Krause angezeigt werden.

Abtreibungsgegner wie Klaus Günter Annen haben es sich regelrecht zum Hobby gemacht ÄrztInnen, die angeben Abbrüche vorzunehmen, anzuzeigen und mit nationalsozialistischen Tätern gleichzusetzen. Als Begründer des Vereins „Initiative Nie wieder“, schafft er Strukturen um ÄrztInnen, die Abbrüche vornehmen, in großen Stil zu terrorisieren. Auf seinen Websiten „Babykaust“ oder „Abtreiber“ vergleicht Annen in seiner verqueren und frauenfeindlichen Weltsicht „Damals: Holocaust – heute: Babykaust“ praktizierende ÄrztInnen mit Nazis. Er unterhält Beziehungen zu evangelikalen und rechtsextremen Kreisen. Die Gleichsetzung von Abtreibungen mit der Shoa ist eine absurde und antisemitische Bagatellisierung der Verfolgung und Vernichtung europäischer Juden. Das verhöhnt die Opfer der Shoa, sowie alle lebenden JüdInnen, und setzt gleichzeitig ÄrztInnen die Frauen in Not helfen mit Nazis und Massenmördern gleich. Diese Relativierung der Shoa passt in das, in der deutschen Gesellschaft weit verbreitete, Narrativ der Schuld- und Verantwortungsabkehr.

Die Abtreibungsgegner investieren mit lästiger Beharrlichkeit immens viel Zeit und Geld, um uns Frauen aufzuwarten und zu terrorisieren, um zu versuchen, uns den selbstbestimmten Umgang mit unseren Körpern zu verbieten. Ihre Strategie geht in Teilen auf, denn viele ÄrztInnen, die Abbrüche vornehmen, ziehen sich inzwischen wegen anhaltender Terrorisierung zurück. Zwischen 2012 und 2018 gab es einen 40-prozentigen Rückgang von Möglichkeiten, Schwangerschaften abzubrechen.

Als Feministinnen kämpfen wir für unser Recht, über unseren Körper zu bestimmen. Wir kämpfen gegen regressive Kräfte, die uns unsichtbar machen wollen und unseren Körper für ihre Zwecke politisieren! Wir kämpfen gegen rechte Ideologien, welche ihr antisemitisches und antifeministisches Weltbild verbreiten wollen.

Wir fordern die Abschaffung des § 218 StGB und somit die komplette Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.

Wir schließen uns der Forderung der Bildungsstätte Anne Frank an, welche fordert:“Wer Schwangerschaftsabbrüche mit der systematischen Verfolgung und Vernichtung von Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus gleichsetzt und Ärztinnen und Ärzte mit faschistischen Mördern, muss gestoppt werden“.

Wir Frauen lassen uns von diesen Männern nicht einschüchtern – unser Körper gehört uns allein!

Kommt zur Kundgebung beim Amtsgericht in Weinheim am 15.02. von 10-12Uhr

Plädoyer für eine radikale Kritik der Prostitution

Nach wie vor ist das Thema Prostitution Anlass für heftige Auseinandersetzungen sowohl gesamtgesellschaftlich, als auch innerhalb der feministischen und linken Bewegung. In der Regel werden dabei die gesellschaftlichen Umstände ausgeblendet und die einzelne Frau zum Gegenstand moralisierender Diskurse. Ziel diese Vortrages ist es stattdesse das soziale Phänomen der Prostitution einer radikalen Kritik zu unterziehen. Hierzu soll Eingangs die Verflechtung aus Patriarchat, Kapitalismus skizziert und die Situation der Frau innerhalb der Prostitution in diesen Zusammenhang eingebettet werden. In einem zweiten Schritt soll der Freier als Täter in den Fokus gerückt werden. Abschließend werden Handlungsmöglichkeiten und Wege zu einem frauensolidarischen Umgang mit dem Thema Prostitution aufgezeigt. Ein Vortrag von Mara Moneyrain (Feministisches Bündnis Heidelberg) in Kooperation mit der Initiative Demokratie und Moderne e.V. (https://demokratieundmoderne.org/).

Kundgebung zum Safe Abortion Day – Rückblick auf den 28.09.21

Make Abortion Safe and Legal
Abtreibungen Sicher und Legal Machen

Am 28.09. organisierten wir anlässlich des Safe Abortion Days eine Kundgebung in Heidelberg. An die 100 Teilnehmer*innen standen gemeinsam mit uns und den übrigen Redner*innen für sicheren und legalen Zugang zu Abtreibungen ein.

Im Anschluss findet ihr einige Impressionen der Kundgebung und unseren Redebeitrag.

Rede Feministisches Bündnis Heidelberg:

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitstreiterinnen, Verbündete, Passant:innen,

„Weg mit Paragraph 218 – 150 Jahre Fremdbestimmung sind genug!“ – das ist das Motto unsere diesjährigen Veranstaltungsreihe auf deren Abschlusskundgebung am Safe-Abortion-Day ich euch heute hier begrüßen darf. Danke, dass ihr das seid.

Warum stehen wir hier?

– Weil wir klar machen wollen: Wir entscheiden selbst!

Frauengesundheit und das Recht auf Selbstbestimmung über unsere Körper, unsere Lebensführung und unsere Entscheidungen sind nicht verhandelbar! Weltweit werden Frauen in diesen Rechten beschnitten, fremdbestimmt oder gar kriminalisiert. In unserer Veranstaltungsreihe haben wir…

1. uns auf eine analytische Suche begeben, warum das so ist und wie genau diese Fremdbestimmung aussieht– gesellschaftlich, historisch, international

2. die unter die Lupe genommen, die weiterhin dafür sorgen, dass dies so bleibt. Evangelikale, Abtreibungsgegner:innen und ihre Koalitionen mit der extremen Rechten.

3. mit denen gesprochen, die trotz alledem für Frauengesundheit und das Recht auf körpeliche Selbstbestimmung stehen, sich dafür einsetzen, Gerichtsprozesse und Strafen in Kauf nehmen.

4. uns auch mit positiven Beispielen auseinandergesetzt. Mit Staaten, die Abbrüche legalisiert haben. Inititaven, die Frauen auch unter prekären Bedingungen dabei unterstützen, Abbrüche durchzuführen und das gesundheitliche Risiko für kriminalisierte Schwangere gering zu halten.

Bei unserer Einführungsveranstaltung „Warum Frauen seit 150 Jahren Widerstand leisten“ haben wir uns zunächst mit den verschiedenen gesellschaftliche Debatte um Abbrüche auseinandergesetzt. Welche Mythen, Erzählungen und Moralisierungen über Frauen, Ärzte und Ärztinnen, Mutterschaft von dem Thema begleitet werden – das ein Verbot nur dazu führt, dass Frauen ihre Gesundheit auch ohne staatliches Einverständnis durch Abtreibungen unter schlechten Bedingungen riskieren – und das die katholische Kirche selbst Abtreibungen lange nur als minderschwer bewertete, bei männlichen Föten bis zum vierzigsten Tag nach der Empfängnis, bei weiblichen bis zum achtzigsten. Auch die historische Linie seit der Einführung des (Reichs-) Strafgesetzbuchs und somit auch des §218 wurde nachgezogen.

In unserer zweiten Online-Veranstaltung unterhielten wir uns mit Brigitte Kiechle. Autorin des 1992 veröffentlichtem Buch „Fremdbestimmung statt Selbstbestimmung“ und Aktivistin zum Thema seit der 2. Welle der Frauenbewegung. Sie gab uns einen Überblick über die Konstruktionen und Kämpfe der 70er Jahre. Wie setzten sich Feministinnen für die Selbstbestimmung ein, welche Diskussionen, Positionen und Aktionsformen waren verbreitet.

Die nächsten zwei Veranstaltungen fanden als Filmvorführungen im Karlstorkino statt. So zeigten wir den Dokumentarfilm „Der lange Arm der Kaiserin“ von Susanne

Riegler, sowie den Spielfilm „Niemals Selten Manchmal Immer“ von Eliza Hittmann. Beide Filme wurden durch Vorträge und Diskussionsmöglichkeiten ergänzt.

Bei unserer fünften Veranstaltung online mit dem Titel „Der Kultur-Kampf der Anti- Choice-Bewegung“ von Lina Dahm beschäftigen wir uns mit den Bewegungen gegen die Selbstbestimmung, wie Abtribungsgegner:innen agieren, wie sie Ärztinnen und Ärzte, Beratungsstellen und Hilfesuchenden einschüchtern und Ressourcen kosten.

Bei der sechsten Veranstaltung durften wir Kristina Hänel begrüßen. Als Ärztin aufgrund des sogenannten Werbeverbots-Paragraphen §219a zur Strafe verurteilt, zeigte sie uns ihre Perspektive auf Abbrüche, das absurde Werbeverbot und warum Abbrüche für Frauen weiterhin notwendig sind.

Bei der letzten Online-Veranstalung blickte Sarah Diehl gemeinsam mit uns auf die internationale Lage. Vor allem telemedizinische Versorgung durch die Abtreibungspille, positive Entwicklungen in verschiedenen Ländern, sowie Organisationen, die Frauen unabhängig von rechtlichen Regelungen zur Selbstbestimmung verhelfen, waren hier da hauptsächliche Thema.

Alle Online-Veranstaltungen sind weiterhin auf Youtube zu sehen, solltet ihr sie verpasst haben. Einen QR-Code zum Channel findet ihr am Infostand.

Die Streichung des § 218 ist eine Voraussetzung für die Befreiung der Frauen.

Und deshalb werden wir uns auch weiterhin mit dem Thema Abbrüche beschäftigen, solange bis Frauen weltweit wirklich selbst bestimmen können, ein Recht auf Schwangerschaftsabbrüche haben und das Patraichat bekämpft ist.

Vielen Dank.


Kundgebung „Weg mit §218“ – ein Rückblick

Wir bedanken uns bei all den tollen Beiträgen und allen mitwirkenden Gruppen und Einzelpersonen bei der Kungebung am 15.05.2021.

Die Rote Hilfe Heidelberg/Mannheim hält einen Redebeitrag zur „Repression im Kampf gegen den
§ 218″

Im Folgenden findet ihr unseren Redebeitrag.

Abtreibung – eine feministische Analyse

Liebe FreundInnen, Feministinnen und PassantInnen!

Ob es legitime Gründe für ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gibt, sollte eigentlich keine Frage mehr sein – seit Jahrhunderten kämpfen Frauen für reproduktive Gerechtigkeit. Doch für viele Menschen steht die körperliche Selbstbestimmung der Frau noch zur Debatte. Dabei sprechen wir hier nicht nur von FundamentalistInnen und Rechtsradikalen, sondern auch von weiten Teilen des konservativen Bürgertums.

Heute wollen wir über die patriarchalen Argumente gegen Schwangerschaftsabbrüche und die daraus resultierenden Konsequenzen für Frauen, die einen Abbruch durchführen wollen, sprechen.

Der Kernpunkt der Argumentation für ein Verbot von Abbrüchen liegt in der Ausdehnung des moralischen Status von Erwachsenen auf Embryonen. Das bedeutet, dass dem menschlichen Embryo derselbe moralische Status und dasselbe unantastbare Recht auf Leben wie erwachsenen Menschen zugesprochen wird. Die logische Konsequenz daraus: Schwangerschaftsabbrüche seien Mord.

Ein weiterer Grund, Frauen ihr Selbstbestimmungsrecht zu verwehren, stellt für AbtreibungsgegnerInnen die religiös begründete „Heiligkeit des Lebens“ dar. Die Heiligkeit des Lebens wird von Strenggläubigen damit begründet, dass ein Mensch von der Empfängnis an ein von Gott geschaffenes Wesen sei.

Doch nicht nur Gläubige gehen von dieser Argumentation aus, sondern auch die Justiz. Statt der Heiligkeit des Lebens wird hier die vermeintliche Menschenwürde des Embryos als Grund herangezogen, um Frauen ihr Selbstbestimmungsrecht abzusprechen.

All diese Argumentationsformen suchen einen Weg, um zu begründen, warum das menschliche Leben ab einem bestimmten Zeitpunkt schützenswert ist. Das ausschlaggebende Werturteil, das hier getroffen wird, wird gar nicht erst angesprochen: Das körperliche Selbstbestimmungsrecht der Frau wird gegen die auf verschiedene Arten konstruierten Rechte des ungewollten Embryos, der sich in ihrem Körper befindet, abgewogen. Hier wird also nicht in erster Linie begründet, ab wann menschliches Leben schützenswert ist, sondern es soll ein Zeitpunkt festgelegt werden, ab dem der Verbleib eines ungeborenen Zellhaufens wichtiger ist als die körperliche Selbstbestimmung, die Lebensplanung und ultimativ die Würde der Frau.

Hier wird schnell deutlich, dass hinter den Argumenten von Abtreibungsgegner und -gegnerinnen keine rational begründbaren Thesen stehen, sondern vor allem eines: der Wille, über den weiblichen Körper zu bestimmen.

Dass die konstruierten Rechte des Ungeborenen von ihnen wie selbstverständlich über das Leben und den Körper der Frau gestellt werden, zeugt davon, dass Frauen für diese Menschen nicht viel mehr als Gebärmaschinen sind, die ihrer Funktion nicht nachkommen, wenn sie einen Abbruch durchführen wollen.

In diesen Kreisen macht man sich Sorgen, dass Frauen ohne ein Verbot wegen ihrer Urlaubsplanung und aus allen möglichen, arbiträren Gründen abtreiben würden. Es scheint so, als würden Abtreibungsgegner*innen denken, dass Frauen zum Spaß Schwangerschaften abbrechen. Dass Frauen dazu fähig sind, rational zu denken und autonome Entscheidungen zu treffen, und dass sich keine Frau eine Abtreibung wünscht, weil es ihr so große Freude macht, ist für sie nicht vorstellbar.

Doch das misogyne Frauenbild und die irrationalen Ängste der GegnerInnen und KritikerInnen von Abtreibung zeigen gesellschaftliche Wirkung:

Ein Schwangerschaftsabbruch ist bis heute ein gesellschaftliches Tabu, das vom Gesetzgeber nur gebilligt wird, wenn die betroffene Frau eine Handvoll willkürlicher Auflagen erfüllt. Die Frist von 12 Wochen, die einer medizinischen Begründung entbehrt und die an die katholische Idee der Beseelung angelehnt ist; das bevormundende, verpflichtende Beratungsgespräch, dessen gesetzlich vorgeschriebenes Ziel es sein soll, die Frau von der Abtreibung abzubringen; dass die Frau zwei verschiedene ÄrztInnen aufsuchen muss, weil Beratung und Abbruch nicht von derselben Ärztin vorgenommen werden dürfen – in den Paragraphen 218 bis 219b wird deutlich, dass die Frau auch vom Gesetzgeber für nicht imstande befunden wird, Entscheidungen über ihren eigenen Körper zu treffen.

Abgesehen von diesen gesetzlichen Hürden erschweren eine absurd geringe Dichte an Abtreibungskliniken und ÄrztInnen, die bereit sind, diesen Eingriff durchzuführen, den Prozess. Auch in Heidelberg findet sich keine Klinik, die bereit ist, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen. Im Uniklinikum beruft man sich auf christliche Werte. Triftigere Gründe dafür sind der Umstand, dass der Eingriff im Medizinstudium nicht gelehrt wird, sämtliche Weiterbildung also eigenständig erfolgen muss, und praktizierende ÄrztInnen mit Angriffen, Diffamierungen und Anzeigen von Abtreibungsgegnern zu rechnen haben.

Nicht nur die Suche nach einer Klinik und die Reise dorthin, die in den meisten Fällen mehrere hundert Kilometer umfasst, sondern auch das verpflichtende Beratungsgespräch stellt ein Hindernis dar. Eine Zwangsberatung spricht Schwangeren die Fähigkeit ab, selbstständig denken und entscheiden zu können.

Religiöse Organisationen lauern auf Frauen, die in der nervenaufreibenden Zeit einer ungewollten Schwangerschaft Hilfe und Rat suchen – und vor allem eine Beratungsbescheinigung. Dabei geben sich für Beratungsstellen aus, obwohl sie nicht imstande sind – und auch nicht planen –, eine Beratungsbescheinigung auszustellen, die für die Abtreibung benötigt wird. Stattdessen ist ihr einziges Ziel, Schwangere zu manipulieren und sie um jeden Preis von einer Fortführung der ungewollten Schwangerschaft zu überzeugen. Die Frauen werden von diesen Stellen hingehalten, bis die zwölfwöchige Frist verstrichen ist, in der ein Schwangerschaftsabbruch noch nicht strafbar ist. So zum Beispiel die scheinheilige Stelle „Pro Femina“, die es auch in Heidelberg Handschuhsheim gibt.

Der Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft wird durch das archaische geltende Recht, die mangelhafte medizinische Infrastruktur und die Hinterlist von religiösen Fanatikern, die sich nicht um ihren eigenen Kram kümmern können, massiv erschwert. Hinzu kommt außerdem das gesellschaftliche Stigma, dem Frauen ausgesetzt sind, die abgetrieben haben. Auch 50 Jahre nach der EMMA-Kampagne „Wir haben abgetrieben!“ wird nicht offen über Schwangerschaftsabbrüche gesprochen.

Wir fordern, dass Schwangerschaftsabbrüche als selbstverständliche Ausübung der weiblichen Selbstbestimmung anerkannt werden! Das heißt: eine grundlegende Überarbeitung der Paragraphen 218 bis 219b des Strafgesetzbuchs, die auf die nur dünn als Moral kaschierte, patriarchale Bevormundung der Frau verzichtet und unser Recht auf körperliche Selbstbestimmung vollständig anerkennt!

Veranstaltungsreihe „Weg mit §218 – 150 Jahre Fremdbestimmung sind genug“

Die Veranstaltungsreihe „Weg mit §218 – 150 Jahre Fremdbestimmung sind genug!“ findet zwischen 15.05.2021, dem 150. Jahrestag der Einführung des Paragraphs ins Strafgesetzbuch und dem Safe Abortion Day am 28.09.2021 statt.

Im letzten Vortrag gibt Sarah Diehl einen internationalen Ausblick auf die Stigmatisierung und Hindernisse in der Frauengesundheit mit einem Fokus auf Schwangerschaftsabbrüche.

In den meisten Ländern sind Schwangerschaftsabbrüche immer noch illegal oder aufgrund ihrer Stigmatisierung nicht zugänglich. Weltweit sterben etwa 48.000 Frauen aufgrund dieser Illegalisierung, etwa 5 Mio. tragen schwerwiegende Gesundheitsschäden davon. Weltweit versuchen Konservative mit der Fokussierung auf den Embryo die Lebensrealität und die Bedürfnisse von Frauen unsichtbar zu machen. Das Mutterideal wird benutzt, damit Frauen weiterhin Fürsorgearbeit unbezahlt und unsichtbar in der Gesellschaft leisten. Der Vortrag gibt einen Überblick über Gesetze und Bewegungen, die Frauen davon abhalten ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, aber auch über die Frauensolidarität und Selbstorganisation wie Ciocia Basia oder Women on Waves, die es Frauen weltweit ermöglicht trotz Illegalität einen sicheren Zugang dazu zu bekommen.

Sonntag, 19.09. – 20 Uhr live bei Youtube: https://youtu.be/OOn_V6w4LXo

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Die erste Online-Veranstaltung mit Fragerunde „Warum Frauen seit 150 Jahren Widerstand leisten“ vom 06.06.2021 kann hier im Youtube-Stream nochmal angeschaut werden.

Am 27.06. um 20Uhr findet unsere zweite Veranstaltung der Vortragsreihe „Weg mit Paragraph 218 – 150 Jahre Fremdbestimmung sind genug“ im Youtube-Livestream statt. Unter dem Titel „Mein Bauch gehört mir – über die Geschichte der Pro-Choice Bewegung“ wird Brigitte Kiechle in Form eines Gesprächs mit dem Feministischen Bündnis Heidelberg über die Geschichte der Pro-Choice Bewegung berichten. Hierbei werden einerseits ihre persönlichen Erfahrungen als langjährige feministische Aktivistin Gehör finden und andererseits die Kämpfe der Frauen von damals mit den Kämpfen der Frauen von heute einen Abgleich finden.

Am 18.07. um 19Uhr findet die dritte Veranstaltung unserer Vortragsreihe statt. Wir laden euch herzlich ein gemeinsam im Karlstorkino in Heidelberg den Film „Der lange Arm der Kaiserin“ von Susanne Riegler zu schauen und im Anschluss zu diskutieren.

Der Film „Der lange Arm der Kaiserin“ zeigt mehr als deutlich auf, welches unfassbare Leid das staatliche Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen schon seit hunderten von Jahren in allen Ländern generiert. Neben einer historischen Analyse werden die tragischen Situationen von Frauen, welche gezwungen sind einen illegalen Abbruch durchzuführen, von verschiedenen ZeitzeugInnen authentisch geschildert. Am Ende spannt der Film einen Bogen bis in die Gegenwart und zeigt auf, dass die reproduktiven Rechte auch heute noch stark durch staatliche Interventionen und politische wie kirchliche Interessen eingeschränkt werden.

Die vierte Veranstaltung findet am Sonntag den 08.08.21 um 20 Uhr im Youtube-Livestream statt.

Der Kulturkampf der Anti-Choice-Bewegung. Eine Analyse der selbsternannten „Lebensschutz“-Bewegung, sowie ihrer Ideologie und Methoden

Radikale Abtreibungsgegner*innen wie „pro femina“, die „Aktion Lebensrecht für Alle“ oder „Sundays for Life“ arbeiten mit vielfältigen Methoden und bisweilen bestens vernetzt an ihrem Ziel Schwangerschaftsabbrüche zu verunmöglichen. Ihr Kampf gegen Abtreibung beinhaltet dabei gleichzeitig eine umfassende Kritik an der heutigen Gesellschaft, die aus ihrer Sicht im Untergang begriffen ist.

Der Vortrag richtet sich an alle, die sich einen Überblick über die derzeitige Situation ungewollt Schwangerer in Deutschland verschaffen möchten. Er analysiert zudem den von der Anti-Choice-Bewegung geführten Kulturkampf, die dahinterstehenden Ideologien und widmet sich relevanten Gruppierungen sowie ihren Netzwerken.

Lina Dahm ist Aktivistin und freie Journalistin aus München. Sie beschäftigt sich seit 2017 mit Antifeminismus.

In der fünften Veranstaltung begrüßen wir Kristina Hänel zum Interview. Wir sprechen wir mit ihr über ihren Weg von einer Ärztin, die Schwangerschaftsabbrüche durchführt und darüber informiert, zu einer Symbolfigur der reproduktiven Selbstbestimmung. Wir werfen einen Blick auf die aktuelle rechtliche Lage in Deutschland und wie diese Ärztinnen und vor allem Frauen benachteiligt, wie die Ausbildung von jungen Mediziner*innen in diesem Bereich gerade aussieht und was wir alle tun können, um die Situation zu verbessern!

Hier könnt ihr die Veranstaltung verfolgen: https://youtu.be/JCYBjYLgBKM

Platz für Sorge schaffen – Warum eine Care Revolution nötig ist!

Online-Vortrag und Diskussion mit Gabriele Winker am 18.05. um 19:00 Uhr

Corona zeigt besonders klar: Nichts geht ohne die vielen, die sich in Beruf, Familie, Freundeskreis und Nachbarschaft um andere kümmern.
Warum ist die Sorge um andere so viel weniger wert als wachsende Profite für Wenige?
Wie gelingt uns der Weg in eine Gesellschaft, in welcher die Sorge umeinander und die Solidarität miteinander im Mittelpunkt stehen?

Gabriele Winker ist Sozialwissenschaftlerin und versucht, die Analyse gesellschaftlicher Bedingungen mit politischen Handlungsoptionen zu verbinden. Ihr gegenwürtiger Schwerpunkt liegt in der Kritik neoliberaler Verhältnisse sowie der Konkretisierung von Transformationsstrategien, die in eine solidarische Gesellschaft führen können.

Mehr Informationen unter

https://care-revolution.org/

https://www.gabriele-winker.de/

Die Corona-Krise ist weiblich

13 Monate leben wir in einer Pandemie. Die Corona-Krise hat so einige blinde Flecken sichtbar gemacht. Die Corona-Krise hängt eng mit dem System des Kapitalismus zusammen. Wurden diese Flecken bereits vor der Pandemie kritisiert, so sind sie nun kaum noch zu übersehen. Hiervon sind besonders die Frauen der Gesellschaft stärker betroffen als die Männer. Aber warum ist das so? Die Antwort lautet – Surprise – das Patriarchat. Ein System, das auf unbegrenztem Wachstum und Profitstreben beruht. Das einzelnen Personengruppen Macht und Privilegien zuspricht, sie im gesellschaftlichen Leben bevorzugt und auf der anderen Seite all diejenigen ausbeutet, die diesen bevorteilten Personengruppen nicht entsprechen. Doch das Patriarchat betrifft uns alle.

Das fängt bei der Erziehung an, bei Vorstellungen von weiblichen und männlichen Rollenbildern wie Stärke zeigen und Schwäche vermeiden und es zieht sich über alle Alters-, Gesellschaftsgruppen und Szenen hinaus. Es ist kein Zufall, dass vor allem Frauen eher in sogenannten „systemrelevanten“ Bereichen wie beispielweise der Pflege arbeiten, oder dass bei Schließungen von Schulen und Kitas eher Mütter statt Väter den Spagat zwischen Kindererziehung und nun auch noch Homeoffice wagen müssen.

Toxische Vorstellungen von Männlichkeit haben uns hierhin geführt. Damit meinen wir die systematische Ausübung von Macht und Privilegien, welche Männern ganz selbstverständlich und unhinterfragt zustehen – wer beispielsweise im Haushalt ganz selbstverständlich für Sauberkeit, Essen und emotionale Unterstützung durch Zuhören oder Care Arbeit sorgt – und nun noch stärker durch die Pandemie diese Aufgaben übernimmt, die das gesellschaftliche System auf kleinster Ebene, der „Familie“, stützt. Oder wer aufgrund dieser Geschlechtszuschreibungen und Erwartungen prekäre Berufe wählt, die zwar „systemrelevant“ sind, aber mit weniger Gehalt und Altersarmut einhergehen. Oder wie sieht es mit Sicherheit aus, um die Unversehrtheit des eigenen Körpers und der eigenen Würde? Dass der Aufenthalt im öffentlichen Raum, ob bei Tag oder bei Nacht mit einem Gefühl von Unsicherheit zusammenhängt, beispielsweise durch ungefragte, sexistische Kommentare oder gar die Gefahr körperlicher Gewalt, kennen besonders Frauen.

Das alles ist für Frauen nichts Neues, denn die Erfahrungen gehören zu unserem Alltag im Patriarchat. Hinzu kommt nun die weitere Gefahr durch einen Virus, und damit noch mehr Unsicherheiten für Körper und Seele. Seit 13 Monaten werden die Probleme, die schon vorher da waren, ins Private abgewälzt und auf die Ebene der Familie und die Schultern der bis zum Burnout oder gratis arbeitenden Frauen verdrängt. Frei nach dem Motto „Hauptsache der Wirtschaft und dem Patriarchat geht’s gut“. 

Bei einer genaueren Analyse der momentanen Verhältnisse zeigt sich: Die Corona-Krise ist weiblich!

Dennoch spiegelt sich in den Maßnahmen und Debatten ein androzentrisches Weltbild wider.  

Frauen werden nahezu unsichtbar in tradierte und teilweise schon längst überholte Rollenbilder zurückgedrängt. So übernehmen berufstätige Mütter mehr als doppelt so häufig die Betreuung der Kinder, wenn Tagesstätten und Schulen geschlossen werden oder deren Besuch ein zu hohes Infektionsrisiko für die im Haushalt Lebenden darstellt. Die Pflege von Angehörigen zwingt Frauen häufiger dazu, sich weitgehend isolieren zu müssen, um die Pflegebedürftigen nicht zu gefährden.

Neben Homeoffice und Homeschooling, häuslicher Pflege von Angehörigen und dem Zurückdrängen der Reproduktionsarbeit in den privaten, unsichtbar gemachten Bereich hat sich die soziale Ungleichheit von Frauen zusätzlich vergrößert.

Die erste durch die Pandemie verursachte Entlassungswelle traf vor allem Arbeitsbereiche des ohnehin schon prekären, informellen Sektors. Die Arbeiterinnen in normabweichenden Lohnarbeitsverhältnissen haben seit Beginn der Pandemie europaweit 70 Prozent ihres Gehalts eingebüßt. Zudem getroffen wurden Angestellte im Einzelhandel, im Gastgewerbe und im Tourismus – all dies sind Arbeitsfelder mit einem extrem hohen Frauenanteil. 

Die Geschichte zeigt: Auch nach der Krise fällt es Frauen deutlich schwerer wieder zurück in die Lohnarbeit und somit in die eigenverantwortliche und unabhängige Versorgung zu kommen. Sie bleiben im Durchschnitt länger arbeitslos als dies bei Männern der Fall ist. 

Bei der Erforschung von Medikamenten werden Frauen oftmals nicht beachtet, obwohl Wirkung und Nebenwirkung unter Umständen geschlechtsspezifisch sind. Die Gesundheitsversorgung von Frauen wird zweitklassig behandelt, obgleich sie – wenn es hart auf hart kommt – hauptsächlich von Frauen geleistet wird. 

Frauen machen weltweit 70 Prozent des Personals in Sozial- und Pflegeberufen aus. Die ohnehin schon angespannte Lage des ausverkauften Gesundheitswesens wird hauptsächlich durch die Ausbeutung der Angestellten im Gesundheitssektor abgefedert. Urlaubsaussetzungen, Überstunden, Doppelschichten und Burnout winken uns aus der Pandemie entgegen.

Zudem birgt die Arbeit im Sozial-, Gesundheits- und Reinigungssektor ein hohes Infektionsrisiko, vor dem die dort tätigen Frauen sich schwerer schützen können. Homeoffice ist nicht!

Die Hashtags #Pflexit und #PflegtEuchDochSelbst bringen die Wut und Verzweiflung der betroffenen Fachkräfte auf den Punkt. Pflegeberufe sind mehr als Applaus wert, den Applaus kann man nicht fressen. 

Der Begriff systemrelevant wirkt hier nahezu zynisch und kann teilweise folgendermaßen übersetzt werden: Systemrelevant ist prekäre, unterbezahlte Arbeit unter krankmachenden Bedingungen. Im Kapitalismus tritt die mehrfache Ausbeutung von Frauen offen zutage und nimmt immer wieder neue Formen an. Relevant für dieses System zu sein – welch ein Hohn. 

Krisen verstärken Diskriminierungsformen – doch die ungleiche Betroffenheit spielt bei bisherigen Maßnahmen gegen die Pandemie keine Rolle. 

Vor allem betroffen sind die, die ohnehin schon von Rassismus, Klassismus und Sexismus betroffen sind z.B. Women of Color oder Frauen, die in Armut leben. 

Der weiße Mann als Norm der Gesellschaft und viele ihm zugeschriebene Bereiche hingegen werden kaum von Maßnahmen reglementiert. 

Während Rheinmetall unbehelligt unter nahezu normalen Umständen den neuen – natürlich sehr systemrelevanten – Panzergrenadier produziert – wird der private Bereich weitgehend verregelt. Immer wieder wird behauptet, der Ort der Infektionsübertragung wäre das Zuhause und eine Schließung von Fabriken, Großraumbüros und anderen Arbeitsorten somit nicht notwendig. 

Wir widersprechen dem klar! Das Coronavirus sitzt nicht zuhause zwischen Bügelwäsche und Kühlschrank und wartet fröhlich darauf sich zu verbreiten. Es wird in den privaten Bereich hineingetragen und das selbstverständlich auch durch die Nicht-Reglementierung von kapitalistisch organisierten Arbeitsstätten. 

Die erhöhte Gefahr Opfer von sexualisierter oder häuslicher Gewalt zu werden ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Frauen von der Coronapandemie ungleich härter betroffen sind. 

Gewalt gegen Frauen begründet sich im patriarchalen Geschlechterverhältnis und im androzentrischen Weltbild der Mehrheitsbevölkerung.

Gewalt gegen Frauen ist immer der Versuch, das patriarchale Geschlechterverhältnis aufrechtzuerhalten.

Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter und ist für alle Frauen eine allgegenwärtige Drohung.

Am häufigsten sind Frauen daheim im Kreise ihrer Liebsten Gewalt ausgesetzt und von Gewalt betroffen. Entgegen des weit verbreiteten Denkens ist es für Frauen NICHT draußen auf der dunklen Gasse am gefährlichsten. Am gefährlichsten ist es für Frauen daheim mit ihrem Partner, mit engen Freunden, mit dem Vater, mit dem Onkel, mit dem Opa, mit dem Exfreund. Denn viele Männer sehen es als ihr gutes Recht an, Macht über den weiblichen Körper in Form von sexualisierter Gewalt wie zum Beispiel einer Vergewaltigung auszuüben.

Die für viele Frauen alltägliche häusliche Gewalt wird selten zur Anzeige gebracht, weil die Aussichten auf staatliche Unterstützung schlecht sind.

Häusliche Gewalt wird selten zur Anzeige gebracht, weil die Frauen in einem strukturellen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Weil sie Angst vor der gesellschaftlichen Ächtung haben, die viele Frauen trifft.

Häusliche Gewalt wird ebenfalls selten zur Anzeige gebracht, weil Frauen sich schämen, die Schuld auf sich selbst projizieren, ihr Gesicht bewahren wollen oder sie ganz einfach Angst vor noch schlimmeren Misshandlungen haben.

Durch die Pandemie werden alle Menschen vermehrt auf ihr häusliches Umfeld zurückgeworfen. Die Kontakte mit den Mitmenschen beschränken sich auf die Engsten und Liebsten. Durch die Kinderbetreuung sind viele extrem gefordert. Viele leben auf engstem Raum plötzlich 24/7 zusammen und sind vermehrt Ängsten und ihrer eigenen Hilflosigkeit ausgesetzt. Dies ist ein Katalysator für häusliche Gewalt, unter welcher vor allen Dingen Frauen leiden.

Viele Frauenhäuser und Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen berichten besorgt, dass sich seit der Pandemie immer weniger Frauen bei ihnen melden. Sie gehen davon aus, dass viele Frauen schlichtweg keine Möglichkeit haben, 5 Minuten in Ruhe und ohne Angst vor Kontrolle zu telefonieren. Auch befürchten sie, dass der fehlende Austausch mit anderen Menschen zu weniger Meldungen führt. Denn niemand kriegt es mit, wenn der ganze Körper mit blauen Flecken übersät ist. Man muss diese nicht einmal überschminken.

Das höchste Ausmaß, das die Gewalt gegen Frauen annehmen kann, ist der Femizid. Als Femizid bezeichnet man die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts. Laut des BKA wurden in Deutschland in den letzten drei Jahren jährlich 100 Frauen aufgrund ihres Geschlechts ermordet. Deutschland und alle anderen Rechtssysteme verbieten die Tötung von Frauen und erkennen somit theoretisch den Subjektstatus der Frau an. Wie instabil und fragil jedoch dieser Subjektstatus ist, wird mit jedem Femizid mehr als deutlich. Bei jedem Femizid stabilisiert sich die männliche Subjektivität dadurch, dass Kränkung und Kontrollverlust des Mannes mit der Auslöschung eines weiblichen Subjektes vergolten werden. Mit anderen Worten: im Femizid bestraft der Mann die Frau dafür, dass sie ihn verlässt, „sein“ Kind abtreibt, ihn sexuell im Häuslichen oder in einer Prostitutionsstätte zurückweist, seine Männlichkeit verletzt, weil sie mit einer anderen Frau zusammen ist.

Am Ende ist uns wichtig zu betonen, dass Formen der Männlichen Gewalt nicht nur ein Teil der Mehrheitsbevölkerung sind. Gewalttätige Männer stehen auch heute hier mit uns, männliche Gewalt findet auch inmitten unserer eigenen Szene statt. Schaut genau hin, achtet Grenzen, seid solidarisch und aufmerksam.

Gegen Macker und Sexisten – Fight the Power, Fight the System

150 Jahre §218 StGB – Es reicht!

Ersatzlose Streichung und nicht weniger!

Wir Frauen* fordern das Recht, selbst zu entscheiden, ob wir überhaupt Kinder wollen, wann wir Kinder wollen und wieviele Kinder wir wollen. Dazu gehört auch das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, nach den besten medizinischen Bedingungen und kostenlos.

Am 15.5.1871 wurde der §218 ins Reichstrafgesetzbuch aufgenommen. Seit dieser Zeit besteht auch der Kampf für die Abschaffung dieses Schandparagraphen. Bis heute ist ein Schwangerschaftsabbruch in der BRD immer noch grundsätzlich strafbar und gilt nur unter bestimmten Bedingungen als gerechtfertigt. Dies ist unter anderem innerhalb der ersten drei Monate der Schwangerschaft nach Zwangsberatung der Fall. Es muss endlich Schluss damit sein, dass Lebensentscheidungen von Frauen* letztlich von Moralvorstellungen und dem konservativen Frauen*bild von Kirchenmännern, Politiker*innen, rechten „Lebensschützer“ –Kreisen, Richter*innen und Staatsanwält*innen abhängig gemacht wird.

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